Wie schaffe ich Reichweite bei Facebook?

Das Thema „Reichweite bei Facebook“ beschäftigt nicht nur Sven von den Singvøgeln, irgendwie scheint Facebook kaputt zu sein. Immer wieder werde ich gefragt, was man denn tun könne, damit mehr Menschen die eigenen Beiträge sehen ohne Facebook dafür Geld in den Rachen zu werfen. Die kurze Antwort: Nicht so viel, aber ein bisschen was geht. Facebook macht es einem Seitenbetreiber natürlich nicht leicht, im Gegenteil. Die reguläre, organische Reichweite einer Facebook-Seite wird immer weiter reduziert – Facebook sagt, um die Newsfeeds der Benutzer benutzbar zu halten, andere sagen, um Seitenbetreiber besser abkassieren zu können. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
Warum sehen nicht alle Fans meine Beiträge?
Der Facebook Newsfeed ist überfüllt, angeblich würde jeder User beim Login mit rund 1.500 aktuellen Beiträgen erschlagen, wenn Facebook hier nicht filtern würde. Also filtert Facebook. Dabei kommen Algorithmen zum Einsatz, die natürlich streng geheim sind. Damit wird ausgefiltert, was der jeweilige Nutzer im Moment gerade sehen wollen könnte – oder einfach sehen will. Es gibt eine Reihe von Kriterien nach denen darüber entschieden wird, ob ein Beitrag angezeigt wird oder nicht. Die vollständige Liste dieser Kriterien ist natürlich nicht öffentlich. Man hat nur das, was durch Versuche heraus gefunden und dann von Dritten veröffentlicht wurde. Dazu kommt, dass Facebook ständig an diesem Algorithmus herum bastelt (optimiert) und sich daher auch immer gewisse Änderungen ergeben. Man muss also immer auch selbst experimentieren, gerade auch weil es ja darum geht Menschen anzusprechen, die hinter den Profilen sitzen. Aber grundsätzlich gibt es drei wichtige Kriterien: Inhalt, Interaktion und Geld.
Geld regiert den Newsfeed

Geldscheine
Geld… Foto: Maik Meid, Lizenz: CC

Der einfach Teil ist das Geld: Wenn man für die Verbreitung des eigenen Beitrags an Facebook zahlt, dann bekommen den auch mehr Menschen zu sehen. Punkt. So einfach, es funktioniert, belastet aber den Geldbeutel. Andererseits: Wer ein bisschen Budget hat, der kann mit dieser Methode experimentieren. Wenn man die Werbung gezielt für wichtige Beiträge und Events einsetzt, dann macht sich das durchaus bezahlt.
Ohne jetzt ins Detail gehen zu können, aber bei J.B.O.haben wir die Erfahrung gemacht, dass zielgruppengenaue Facebook-Werbung für Konzerte durchaus Einfluss auf den Vorverkauf hat und selbst während einer laufenden Tour lässt sich da noch einiges machen. Etwas anderes sind News zu wichtigen Ereignissen, wie die Veröffentlichung eines neuen Albums oder der Start einer Crowdfunding-Kampagne. So etwas sollten natürlich möglichst viele Menschen sehen, hier lohnt es sich unter Umständen ein paar Euro zu investieren (man kann und sollte das dann natürlich mit den Maßnahmen unten kombinieren).
Seid interaktiv und mehret die Reichweite
Ein anderes wichtiges Kriterium ist die Interaktivität, wobei es nur klar ist, dass Interaktivität einen ziemlichen Einfluss hat, aber Details zur Wirkung sind schwer im Versuch zu ermitteln, vor allem weil Facebook hier natürlich auch immer ein wenig „optimiert“.
Einmal wäre da die Interaktivität der jeweiligen Benutzers selbst. Wenn ein Benutzer mit den Inhalten einer Seite nicht immer mal wieder etwas macht (den Link öffnet, „Gefällt mir“ klickt, teilt, kommentiert) oder die Seite regelmäßig direkt aufruft, dann wird der Benutzer Inhalte dieser Seite immer seltener und irgendwann gar nicht mehr im Feed haben. Vereinfacht gesagt: Wenn ich nicht klicke, dann bin ich nicht interessiert, wenn ich nicht interessiert bin, dann wird es nicht angezeigt. Erstmal eine sinnvolle Regel, erklärt aber auch, warum viele Seitenbetreiber der irrigen Annahme sind, ihre Seitenbeiträge müssten doch in den Newsfeeds ihrer Fans sein. Sie sind selbst Fan ihrer Seiten und bekommen die Beiträge doch auch zu sehen. Klar, aber Seitenbetreiber neigen auch dazu mit ihren eigenen Seiten zu interagieren – außerdem habe ich den Verdacht, dass Facebook den Seiten-Admins auch bevorzugt die Inhalte der eigenen Seite(n) anzeigt.
Ein weiteres Kriterium ist die Interaktivität auf der Seite allgemein. Es ist also nicht nur von Bedeutung, wie intensiv ich mit einer Seite interagiere, sondern auch wie viel Aktivität überhaupt auf der Seite stattfindet. Die Regel hier: Was sowieso schon viele Menschen interessiert, wird auch für viele andere interessant sein.
Man kann Menschen nun nicht dazu zwingen mit den Inhalten der eigenen Seite zu interagieren, aber man kann zumindest einen Teil der Inhalte so wählen, dass es wahrscheinlicher wird, dass entsprechende Benutzer-Aktionen stattfinden. Und da sind wir beim dritten wichtigen Kriterium:
Ein Bild hat mehr Reichweite als 1.000 Worte
Verschiedene Arten von Inhalt haben eine unterschiedliche Reichweite. Die Meldung über einen neu angelegten Termin erreicht nur ein paar Menschen, ein Textbeitrag oder ein Link schon etwas mehr, aber Fotos und Videos bekommen so richtig viel Reichweite. Neben der Art des Contents spielt aber auch der Inhalt selber eine Rolle. Es bringt nichts ein superaufwändiges Testbild-Video zu basteln, denn das werden kaum viele Menschen mit „Gefällt mir“ markieren oder weiter teilen.
Was zum Beispiel immer geht: Lustige Fotos, Grafiken mit mehr oder weniger intelligenten Sprüchen, Bilderrätsel usw. Damit kann man auch ziemlich nerven, aber diese Sachen werden gerne und häufig geteilt und das Teilen solcher Inhalte bringt gleich mehrere Effekte:
a) es bedeutet Interaktion des Users, der teilt und aller User, die wiederum beim geteilten Inhalt aktiv werden – und genau das brauchen wir
b) durch das Teilen und Liken sehen weitere Menschen diesen Beitrag, die ihn sonst nicht gesehen hätten und das bringt noch mehr Aktionen
Schaut Euch doch zum Vergleich einfach mal so ein paar Fun-Seiten an, die in einer Tour durch nur Witze und ähnliches posten (gerne versehen mit einem Affiliate-Link zu Amazon, damit soll man richtig gut Geld machen können). Da geht es rund in Sachen Aktivität und die haben richtig gut Reichweite, wie man selbst oft genervt im eigenen Newsfeed feststellt. Und jetzt wisst Ihr auch, warum solche Seitenbetreiber regelmäßig einen dicken Haufen auf Urheberrechte machen und die lustigen Bilder anderer Seiten runter laden und selbst neu hoch laden – die wollen keine Interaktivität abgeben. So was kann ziemlich frustrierend sein, wenn ein selbst gemachtes Foto bei so einer Seite plötzlich geteilt wird wie dämlich, während es auf der eigenen Seite mit einer kümmerlichen Minimal-Reichweite vor sich hin dümpelt.
Katzenfoto – süß, passt aber nicht immer. Foto unter CC-Lizenzvon admiller.

Natürlich müssen die Inhalte auch immer zu Euch passen. Wenn Eure Düster-Tod-und-Verderben-Death-Thrash-Doomsday-Metal-Band plötzlich lustige Grafiken in pink mit sinnfreien Sinnsprüchen bringt, dann wäre das nicht ganz so glaubwürdig. Und Katzenfotos passen dann inhaltlich auch nicht so ganz. Und nein, Bilder von geschlachteten Katzen würden vielleicht inhaltlich zu Euren Untergangstexten passen und eine gewisse Reichweite würdet Ihr damit auch erreichen, aber das wäre eine Reichweite, die Ihr nicht wollt. So was nennt sich dann Shitstorm und darüber schreibe ich vielleicht bei anderer Gelegenheit.
Es gibt Themen, die bringen fast schon eine Garantie auf Interaktivität mit: Aufreger- und Empörungsthemen. So was wie „Wer hat diese beiden Tierquäler gesehen“ mit einem Foto von zwei Typen, die ein Tier foltern kommt immer „gut“ an, egal wie alt das Bild ist. Ein auch immer wieder gern geteilter Aufreger (schon bevor es Facebook gab) sind die „Katzen in Flaschen“. Je größer die moralische Entrüstung, desto besser. Das haben schon vor einiger Zeit diverse rechte Gruppierungen erkannt, die mit immer neuen Events und Gruppen rund um den sexuellen Missbrauch von Kindern auf Userfang gehen. Natürlich werden diese dann nicht so zurückhaltend benannt, die heißen dann „Todesstrafe für Kinderschänder“ und ähnliches. So was funktioniert im Sinne von Reichweite, aber ob es Eurem Ruf als Band gut tut wage ich einfach mal zu bezweifeln.
Auch der (erwartete) Tod von Prominenten wird immer gerne für solche Kampagnen genutzt, jeder hat wohl schon mal eilig zusammengeklickte „Facebook-Todesanzeige“ mit so tollen Anweisungen wie „Klickt „Gefällt mir“ oder teilt für „Mein Beleid““ gesehen. Oft werden auch direkt Facebook-Seiten angelegt, aktuell ging das nach dem Unfall von Michael Schumacher richtig rund, eine unüberschaubare Zahl von „R.I.P. Michael Schumacher“-Seiten direkt nach seinem Ski-Unfall.
Soviel zu den Themen, die zwar im Sinne von Reichweite funktionieren, aber Eurem Ruf nicht gut tun würden. Ihr müsst für Euch passende Themen selbst finden, das kann ich in dieser Form hier nicht für jeden erzählen (aber ich berate Euch gerne). Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Inhalte zu Euch und Eurem Ruf passen.
Geht es auch etwas konkreter?
Was bei Bands immer funktioniert: Aktuelle Fotos und Videos, sei es ein kurzer Video-Gruß von Tour, ein Foto vom Publikum des letzten Konzerts von der Bühne aus (auf dem sich die anwesenden Fans markieren können, es sollten dann aber mehr als fünf sein ;)), ein Update zu den Aufnahmen aus dem Studio oder auch mal etwas privatere Sachen, zum Beispiel beim Einkauf von Bühnenklamotten ein Shirt fotografieren und die Fans fragen, ob man sich das kaufen sollte oder nicht. Dann und wann mal Profil- und Titelbild austauschen kann auch nicht schaden. Es muss nicht immer sinnvoller Inhalt oder eine bahnbrechende Neuigkeit zu den nächsten Plänen sein, wichtig ist, dass es unterhaltsam ist. Wichtige News und Videos solltet Ihr immer zuerst auf Eurer eigenen Website posten und dann über Facebook weiter verbreiten.
Ein kleiner Gruß von der Tour
Ein kleiner Gruß von der Tour: Einfach kurz vor dem Rechner versammeln, Foto machen und ein paar Worte schreiben – macht nicht viel Arbeit, freut die Fans 🙂

Und achtet auf die Verpackung der Postings: Bilder und Videos erreichen fast immer automatisch eine höhere Reichweite, daher ist es meistens sinnvoller einen Link zur eigenen Website nicht einfach nur nackt an die Pinnwand zu posten, sondern ein passendes Bild hochladen und etwas Text sowie den Link in die Bildbeschreibung packen. Das hat ganz nebenbei noch einen Vorteil: Bildbeschreibungen lassen sich auch nachträglich noch bearbeiten und beim Teilen des Bildes wird die Beschreibung mit geteilt – bei einem reinen Text-Posting mit Link wird beim Teilen nur der Link weiter verbreitet.
Da Interaktivität eine höhere Reichweite und damit mehr Interaktivität erzeugt, ist es wichtig, dass Eure Beiträge regelmäßig entsprechende Interaktionen bekommen. Sie sollten geteilt werden, „Gefällt mir“-Klicks und Kommentare bekommen. Damit könnt Ihr selbst beginnen. Teilt mit Euren privaten Profilen die Postings Eurer Band-Seite. Natürlich nicht alle auf einmal, klickt als Personen selbst auf „Gefällt mir“. Vielleicht haben einige von Euch zusätzlich noch eigene Künstler-Seiten, auf denen Ihr passende Beiträge der Band weiter teilen könnt.
Und dann gibt es ja immer so einen harten Kern an Freunden und Fans rund um eine Band. Macht sie auf die Problematik aufmerksam, bittet sie darum, Eure Facebook-Seite regelmäßig direkt aufzurufen und zu schauen, was es dort neues gibt und die neuen Beiträge zu kommentieren und zu teilen.
Eine weitere Möglichkeit die Fans einer Seite zu mehr Interaktion zu verführen sind Verlosungen und Gewinnspiele. Dabei gibt es natürlich diverse rechtliche Vorgaben und die Facebook-Nutzungsbedinungen zu beachten, aber etwas wie „Wir verlosen jeden Tag/jede Woche/jeden Monat unter allen, die einen unserer Beiträge kommentiert haben ein Album“ kann da sicher für reichlich neue Kommentare sorgen (wie oft Ihr was verlost hängt natürlich von Eurem Geldbeutel und Eurer Zeit ab ;)).
Es gibt doch die Benachrichtigungen?
Screenshot: Benachrichtigungen erhaltenDie Fans aufzufordern „Benachrichtigungen erhalten“ für Eure Seite zu aktivieren würde ich nicht empfehlen. Denn diese Funktion hat keinen Einfluss auf den Newsfeed, aber dafür erhält der User – wenn aktiviert – eine Benachrichtigung wenn etwas neues auf der Seite veröffentlicht wird. Jedes Mal. Ständig. Probiert es einfach mal selber und aktiviert das bei ein paar Seiten. Aus Usersicht ist das praktisch für ein paar wenige Fälle. Jeder hat so ein paar Seiten, die man ganz genau beobachten will, aber ab einer gewissen Zahl an Seiten nervt es nur noch und wenn Nutzer bei Facebook genervt sind, dann ziehen sie ihr „Gefällt mir“ schneller zurück als man „Entschuldigung, aber wir wollten doch gar nicht nerven mit 27 Benachrichtigungen zu neuen Konzertterminen, von denen nicht ein einziges Konzert bei Dir in der Gegend ist“ sagen kann.
[su_box title=”Hinweis für Fans” style=”glass” box_color=”#ae5656″]Auch wenn Euch die Band nicht persönlich bittet oder verspricht Euch mit Geschenken zu überhäufen: Wenn Ihr eine Band oder eine Marke auf Facebook unterstützen wollt, dann interagiert mit den Beiträgen der jeweiligen Facebook-Seite. Jedes „Gefällt mir“, jeder Kommentar sorgt für etwas mehr Reichweite und Sichtbarkeit der Beiträge. Das hilft. Und dadurch werden die Beiträge der jeweiligen Seiten auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Euren Newsweeks angezeigt und Ihr verliert sie nicht so schnell aus den Augen. Das gilt grundsätzlich übrigens auch für die Profile Eurer Freunde – wenn Ihr also mitbekommen wollt, was eine Person auf Facebook so treibt, dann müsst Ihr mit den Beiträgen der Person interagieren.
Und natürlich könnt Ihr bei Euren Lieblingsbands die Benachrichtigungen aktivieren, um wirklich gar nichts zu verpassen – aber nicht gleich „entliken“ wenn es Euch zu viel wird, sondern einfach die Benachrichtigungen deaktivieren :)[/su_box]
Apropos teilen: Natürlich könnt Ihr auch andere Beiträge über Eure Band-Seite teilen, wenn es denn passt. Was natürlich immer passt ist eine Rezension Eures Albums bei einem Magazin. Statt den Link einfach selbst zu posten könnt Ihr auch die Ankündigung des Magazins auf Eurer Seite teilen – damit verhelft Ihr dem Beitrag des Magazins direkt und indirekt mehr Reichweite und damit helft Ihr Euch selbst. Außerdem freuen sich auch die Macher darüber und revanchieren sich vielleicht gelegentlich entsprechend? Oder wenn eines Eurer musikalischen Vorbilder eine neue Tour ankündigt, dann spricht nichts dagegen das Tourplakat zu teilen.
J.B.O. teilen The Who
Auch mal Beiträge anderer Bands teilen, wenn es passt…

So viel Arbeit – aber war das schon alles?
Das alles klingt nach Arbeit? Nach Aufwand? Nach viel zu tun? Ja, ist es auch. Einfach hin und wieder was posten reicht nicht. Am Ende kostet Reichweite bei Facebook (und nicht nur dort) immer etwas: Geld oder Arbeit oder sogar beides.
Und nein, das war noch lange nicht alles. Da gibt es noch anderes, was man tun kann und einiges lässt sich sicher noch weiter vertiefen, da sind noch eine ganze Menge Details, die den Rahmen für diesen Beitrag sprengen würden und manches muss man einfach probieren. Aber es ist mal ein Anfang, ein paar Hinweise und Tipps.
Das ist natürlich ein bisschen Arbeit, aber da Facebook immer noch Nummer 1 unter den Sozialen Netzwerken als Trafficlieferant ist, lohnt sich das meist auch – und ein paar Werbe-Euro können sich da ebenfalls lohnen.
[su_box title=”tl;dr”]Wer bei Facebook erreichen möchte, dass möglichst viele Menschen die eigenen Beiträge sehen, der muss ein bisschen Arbeit investieren und experimentieren – oder einfach an Facebook Geld bezahlen.[/su_box]

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