Werbefreies Heimnetz mit Pi-hole

Ich habe ja eigentlich nichts gegen Werbung. Also nicht grundsätzlich. Werbung kann nützlich sein, Werbung kann mich auf Produkte aufmerksam machen, mich über spezielle Angebote und Aktionen informieren, manchmal ist Werbung auch einfach unterhaltsam. Aber natürlich ist der Zweck von Werbung am Ende dann doch Dinge zu verkaufen. Dinge oder Dienste. Aber auch das ist nicht schlimm, schließlich funktioniert unser Wirtschaftssystem nur dann, wenn Menschen Dinge und Dienste kaufen. Aber man kann es halt auch einfach übertreiben und leider übertreiben es immer mehr Websitebetreiber immer heftiger.

Und gerne wird in Online-Werbung auch noch bösartiger Code untergebracht, der Lücken auf den Rechnern ausnutzen soll, um an Daten ran zu kommen, an die eigentlich niemand heran kommen sollte oder um einfach Rechenzeit zu klauen, um Kryptowährungen zu berechnen. Werbenetzwerke tracken die User – also uns alle – quer durch das ganze Web, legen Profile über unser Surfverhalten an und analysieren, was wir im Netz so tun. Natürlich nur, um uns passende Werbung präsentieren zu können. Wie weit es mit dieser passenden Werbung aber her ist, sieht man ja immer dann, wenn man mal etwas bei Amazon gekauft hat und dann noch Wochen später bei Facebook Amazon-Werbung sieht, die einem genau diesen Artikel anpreist. Und nicht zu vergessen: Werbung und das Tracking machen Websites lahm und beanspruchen das oft eingeschränkte Datenvolumen. Das wissen sogar diejenigen, die die Werbung und die Tracker auf ihre Seiten klatschen:

Bild weiß, dass Werbung die Site ausbremst

Kurz: Es gibt mehr als genug Gründe Werbung im Web nicht zu wollen. Es gibt ja auch reichlich AdBlocker, wobei aber da auch so manches eher nicht so prickelnde Geschäftsmodell darunter ist. Andere fressen dafür Ressourcen im Browser beim Filtern.

Es gibt aber auch die Möglichkeit Werbung und Tracker weitgehend komplett zu filtern, ohne dabei die Ressourcen des eigenen Rechners zu beanspruchen. Pi-hole ist so eine Lösung, mit der man das ganze lokale Netzwerk von Werbung und Trackern befreit, ohne Stress. Man braucht dazu natürlich einen Rechner, aber dafür reicht tatsächlich ein kleiner Raspberry Pi, es muss auch nicht der aktuellste sein, ein älteres Modell tut es.

Einfach Raspbian installieren – die Version ohne Desktop reicht hier vollkommen aus, es sei denn, man möchte nebenbei auch noch andere Dinge mit dem Pi tun, die eine Desktopumgebung wünschen – und nicht vergessen SSH zu aktivieren (sonst braucht man Monitor und Tastatur), dann den Pi-hole-Installer laufen lassen und fertig. Zumindest ziemlich.

Kurzer Hinweis: Die Macher von Pi-hole sagen selbst, dass ihr simpler Installer theoretisch ein Sicherheitsrisiko darstellen kann, da hier Daten von einem Server geholt und direkt an die Shell gegeben werden zur Ausführung. Sollte also jemand Kontrolle über den Pi-hole-Installationsserver bekommen, dann könnte der das Installationsskript gegen etwas bösartiges austauschen. Für eine sicherere Installation empfiehlt sich daher den Code zu laden, zumindest mal ein Auge drauf zu werfen und dann lokal zu installieren.

Anschließend muss man nur noch dem Router beibringen, den Rechnern im Netzwerk den frisch installierten Nameserver als den zu verwendenden mitzuteilen. Bei einer Fritz-Box passiert das unter Heimnetz -> Netzwerk -> Netzwerkeinstellungen -> IP-Adressen. Wichtig ist natürlich, dass der Pi eine feste Adresse im internen Netz hat. An der Stelle ist es auch sinnvoll der Fritz-Box zu sagen, dass die Rechner intern doch bitte auch lokale IPv6-Adressen bekommen sollen („Unique Local Addresses immer zuweisen“), das kann helfen, wenn die Performance plötzlich aus unerklärlichen Gründen in den Keller geht.

Alternativ sagt man der Fritz-Box unter Internet -> Zugangsdaten -> DNS-Server, dass die Fritz-Box den Pi-hole als DNS verwenden soll. Da aber bei IPv4 zwingend zwei IP-Adressen eingetragen werden müssen, braucht der Pi dafür auch zwei IP-Adressen. Am Ende funktionieren beide Wege.

Es ist wirklich kein Hexenwerk, so lange man zumindest grob weiß, was man da tut oder jemanden kennt, den man fragen kann und das Ergebnis spricht für sich:

25% aller DNS-Anfragen betrafen in meinem Heimnetz in der letzten Woche Tracking- und Werbenetzwerke. Das ist schon einiges – wobei ich Pi-hole aber gar nicht non-stop aktiv habe. Ich sagte ja schon: Ich habe nichts grundsätzlich gegen Werbung. Aber wenn ich die Geschwindigkeit mancher Sites mit und ohne Werbung vergleiche (ja, ich schaue euch zum Beispiel an, Spiegel Online), dann frage ich mich ernsthaft, ob das bei denen keiner testet, was die Werbung und das ganze Tracking da macht?

Klar, solche Angebote müssen sich finanzieren, die können kaum von Spenden (über)leben, von Gewinn wollen wir gar nicht erst anfangen. Aber muss man es dann mit der Werbung so übertreiben? Ist es denn wirklich nötig, dass man im Zuge der Werbung auch unzählige Tracker auf die eigenen Seiten schmeißt? Stimmt schon, Werbeflächen lassen sich in großen Paketen besser verkaufen und wer weiß wie viele kleinere und kleinste Online-Angebote nur deswegen überhaupt Werbung auf ihren Seiten haben, weil es solche Netzwerke gibt, die ihnen die Werbeflächen füllen. Und ja, Werbung wird irgendwie „besser“ (über die Frage für wen und was genau „besser“ sein soll, könnte man Stunden diskutieren), wenn die Werbenden bzw. die Werbenetzwerke mehr über die Werbempfänger wissen. Alles schon richtig, aber wenn man es übertreibt, dann fangen die Menschen irgendwann an, sich zu wehren. Und wenn bald immer mehr Heim- und Büronetzwerke einen Pi-hole oder ähnliche Lösungen verwenden, dann helfen auch die tollsten „So deaktivieren Sie für uns den AdBlocker“-Anleitungen nichts mehr, weil die Anwender das vielleicht gar nicht mehr entscheiden können (dürfen sollen).

Und dann? Alle aussperren? Eine Lösung habe ich gerade nicht im Ärmel, aber die Sites für diejenigen, die noch ohne AdBlocker surfen, mit noch mehr Werbung zuzuknallen, kann definitiv nicht die Lösung sein. Vielleicht wird es Zeit, sich mal etwas grundsätzlich anderes zu überlegen in diesem Internet. Blendle halte ich zum Beispiel schon mal für eine gute Sache oder Steady. Ja wirklich, für gute Inhalte echtes Geld auf den virtuellen Ladentisch legen halte ich für eine gute Idee 🙂

 

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