Facebook ist kaputt

Nicht nur Don Dahlmann hat das gemerkt: Facebook ist kaputt. Zumindest der Newsfeed ist kaputt und damit bringt einem Facebook persönlich immer weniger. Seit einigen Wochen verzichte ich auf meinen persönlichen Facebook-Account. Und es dauerte kaum drei Tage, da habe ich den gar nicht mehr vermisst. Wenn ich mir dann noch anschaue, wie lange viele Leute brauchen bis sie merken, dass es da nur noch diese Seite gibt und kein privates Profil mehr…

Das Problem ist der Newsfeed: Als Nutzer erwarte ich, dass ich dort die Meldungen sehe, die ich sehen will. Und das würde ich dann gerne selbst entscheiden. Die meisten Nutzer gehen immer noch davon aus, dass sie nichts versäumen, wenn sie Fan einer Seite werden. Irrtum. Irgendwelche geheimen Algorithmen von Facebook entscheiden darüber, was die Nutzer zu sehen bekommen und was nicht. Facebook weiß, was Du willst. Sagt Facebook. Und welch ein Zufall: Ein Parameter dieses geheimen Algorithmus ist die Summe Geld, die man bereit ist zur Verbreitung der eigenen Beiträge zu zahlen. Und die Preise sind gesalzen.
Beispiel J.B.O. bei Facebook: Wir haben dort knapp 80.000 Fans, die meisten Beiträge der Seite erreichen laut Facebook zwischen etwa 2.000 und 15.000 Personen, es gibt aber auch einige, die enorm nach oben gehen und auch mal bis zu 35.000 Personen erreichen, dafür bekommt Meldungen über neue Veranstaltungen kaum einer zu sehen (etwa 600 bis 1.200), hängt immer von der Art (Fotos erreichen mehr Leute als Links oder Texte) und Inhalt (je blöeder, desto mehr geteilt und desto größer die Reichweite) ab. Aber alles ohne Bezahlung. Würden wir dafür bezahlen wollen zumindest sicher knapp 80.000 Menschen zu erreichen, die die Seite Fans hat, dann hätte Facebook dafür gerne 450 Euro.
Facebook Logo
Wenn ich das mit anderen Seiten vergleiche, dann ist die Reichweite der J.B.O. Seite noch ausgesprochen gut, oft erreichen Seiten mit ihren Beiträgen im Normalfall gerade mal 5% ihrer Fans. Okay, es ist nachvollziehbar: Facebook will und muss Geld verdienen. Aber dann doch bitte ehrlich. Immerhin wird immer noch so getan, als wäre eine Facebook-Seite kostenlos. Okay, die Einrichtung vielleicht. Aber wer Reichweite will, der muss zahlen.
Das alles wäre vielleicht auch noch leichter zu ertragen, wenn Facebook die kostenlose Reichweite nicht immer weiter reduzieren würde. Da fühlt man sich als Seitenbetreiber schon ein wenig abgezockt. Und als Nutzer fühlt man sich immer mehr als das, was man bei Facebook wirklich ist: Klickvieh, das verkauft wird. Woher weiß man denn, aus welchem Grund Facebook eine bestimmte Meldung zeigt und eine andere nicht? Weil die Software aufgrund meines bisherigen Nutzungsverhaltens „denkt“, die Meldung könnte mich interessieren oder doch nur, weil jemand dafür gezahlt hat, dass diese Meldung mindestens 5.000 männlichen Personen zwischen 18 und 50 gezeigt wird, die Fan von Metal sind und zufällig im Einzugsbereich eines bestimmten Konzertes wohnen?
Keine Frage, es ist praktisch, dass man bei Facebook Werbung so zielgenau schalten kann, überhaupt keine Frage. Das machen wir auch immer wieder mal und das funktioniert tatsächlich gut, gerade beim Beispiel Konzerte. Die Schaltung von Facebook-Werbung für einzelne Konzerte merkt man tatsächlich beim Vorverkauf. Wenn man es sich leisten kann.
Was machen kleinere Bands? Sollen die ihre gesamte Gage (wenn sie denn überhaupt eine bekommen) ausgeben, um Werbung für ihre Konzerte zu machen – immerhin gehen immer mehr Veranstalter ganz selbstverständlich davon aus, dass sich die Band schon selbst um die Werbung kümmert. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.
Es bleibt dabei: Facebook ist kaputt, es funktioniert weder für Seitenbetreiber noch für die Nutzer so richtig, es sei denn man zahlt dafür. Ein von den Nutzern bezahltes soziales Netzwerk wäre da die ehrlichere und bessere Alternative, wird es aber wohl kaum so bald geben (ich möchte es nicht für alle Zeiten ausschließen, dass es irgendwann ein solches geben könnte, gerade wenn so ein bezahltes Netzwerk auch noch entsprechend Wert auf Datenschutz legen würde), ob Google+ wirklich die bessere Alternative ist muss sich noch zeigen, so langsam kommt dort ja Leben rein, aber am Ende wird man auch nichts dagegen machen können, wenn Google irgendwann ähnliche Änderungen wie Facebook vornimmt.

29 Comments

Carsten Dobschat

Tjo, der Artikel ist das beste Beispiel: Den meisten Traffic bekommt er via Facebook, gefolgt von Twitter und Google+, wobei Twitter noch knapp 9% des FB-Traffics auf den Beitrag bringt und Google+ noch knapp über 5%.

Gerade heute Morgen als ich auf dem Weg zur Arbeit war, habe ich einen Post bei Facebook in meinem Profil abgegeben. Dort habe ich ebenfalls kurz meinen Unmut zur aktuellen Situation bekannt gegeben. Mich nervt es ehrlich gesagt, dass der Stream nicht Informationen anzeigt, die mich auch wirklich interessieren bzw. auch aktuell sind. Momentan mag es Facebook wohl, uralte Beiträge von vor einigen Jahren wieder nach oben zu pushen.

Ist das Internet kaputt? | Dobschat Rebooted

[…] wissen, dass Facebook kaputt ist, nicht nur kleinere Bands haben oft Schwierigkeiten im Netz Reichweite zu bekommen, obwohl es doch […]

Facebook ist gar nicht kaputt, das soll so! | Dobschat Rebooted

[…] jetzt? Gestern noch „Facebook ist kaputt“ und heute doch nicht mehr? Es kommt immer darauf an, aus wessen Sicht man das sieht. Für die […]

Links am 10. Januar 2014 | Dobschat Rebooted

[…] wissen ja schon, dass der Newsfeed von Facebook kaputt ist, Johannes Gernert  versucht dem in der taz noch etwas positives abzugewinnen und erfreut sich […]

Wie schaffe ich Reichweite bei Facebook? « Bandpromo

[…] Thema „Reichweite bei Facebook“ beschäftigt nicht nur Sven von den Singvøgeln, irgendwie scheint Facebook kaputt zu sein. Immer wieder werde ich gefragt, was man denn tun könne, damit mehr Menschen die eigenen Beiträge […]

Nicht nur für Bands: Reichweite bei Facebook | Dobschat Rebooted

[…] wird das zu einem Facebook-Blog Aber da das Thema Reichweite in letzter Zeit wieder mal vermehrt aufgetaucht ist und die Fragen dazu schon länger immer wieder […]