Meinungsfreiheit

Wir haben in Deutschland ein Problem mit der Meinungsfreiheit. Ernsthaft besorgte Bürger können ihre Meinung, ihre Sorgen nicht mehr artikulieren, ohne dass sie beleidigt und bedroht werden. Wer es wagt, seine Sorgen öffentlich zu formulieren oder sich gar aktiv einzusetzen, diese Probleme zu lösen, der sieht sich teilweise nicht mehr nur verbalen Attacken ausgesetzt. Denn man stelle sich damit gegen eine angebliche Mehrheitsmeinung.

Von wem ich rede? Nein, nicht von den „besorgten Bürgern“, die ihre Fremden- und Islamfeindlichkeit als „Sorge um das Abendland“ bezeichnen. Nein, ich meine nicht die Rassisten, Verschwörungstheoretiker, Nazis und Abernazis. Die haben tatsächlich keine Probleme mit der Meinungsfreiheit. Die sagen, was sie denken, egal ob es eine Meinung ist oder offen rassistische Hetze. Natürlich behaupten diese „besorgten Bürger“ ständig, man würde ihre Meinungsfreiheit beschneiden, alleine dadurch, dass man ihnen widerspricht, aber das ist natürlich nicht wahr.

Diese Menschen wollen so manches einfach nicht kapieren. Zum Beispiel den Unterschied zwischen einer Meinung und fremdenfeindlicher Hetze. Oder eben, dass Meinungsfreiheit nur bedeutet, dass man seine Meinung sagen darf, aber eben nicht, dass diese dann unwidersprochen bleiben müsste. Im Gegenteil, Meinungsfreiheit schließt eben auch die Diskussion von Meinungen ein. Aber das kapieren die rechtslastigen „besorgten Bürger“ mit ihren irrationalen Ängsten vor allem Fremden, mit ihren Vorurteilen und ihrer Deutschtümmelei einfach nicht. Oder sie kapieren es vielleicht, wollen es aber nicht akzeptieren.

Nein, ein Problem mit der Meinungsfreiheit haben Menschen, denen die wachsende Fremdenfeindlichkeit im Land Sorgen macht. Menschen, die oft fassungslos mit anschauen müssen, dass nationalistische, fremdenfeindliche und rassistische Parolen wieder ganz ohne Scham in sozialen Netzwerken raus posaunt werden und die Urheber solcher widerlicher Hetze dürfen sich dann auch noch über etliche Likes freuen. Früher wurden solche Parolen nur im kleinen Kreis oder anonym verbreitet, heute findet mancher schon nichts mehr dabei, unter dem realen Namen Aussagen zu veröffentlichen, wie den Wunsch man würde die Flüchtlingsboote im Mittelmeer doch einfach versenken – mit den Flüchtlingen darauf.

Wer sich diesen Tendenzen offen entgegen stellt, der muss damit rechnen beleidigt zu werden. Man muss damit rechnen bedroht und schließlich angegriffen zu werden. Ob es Drohungen sind, gefakte Anrufe bei der Polizei sind, mit denen eine Familie fertig gemacht werden soll oder eben eine brennende Scheune. Die „besorgten Bürger“ aus der rechten Ecke kennen scheinbar keine Grenzen mehr, weder moralische noch juristische. Ich erspare Euch und mir jetzt Beispiele diverser Drohungen aus meinem Posteingang, es sind in den letzten Tagen nicht weniger Drohungen geworden, es werden immer mehr.

Es geht so weit, dass sich Freunde und Familienmitglieder inzwischen Sorgen machen und diese mir auch mitteilen, dass mir etwas passieren könnte, weil ich mich öffentlich gegen Rassisten stelle. So weit ist es also in diesem Land gekommen: Nicht mehr der, der rechtsextreme Parolen verbreitet, muss sich fürchten, sondern die Menschen, die nichts weiter machen als sich für Selbstverständlichkeiten einzusetzen: Für Menschenrechte, für einen Rechtsstaat, gegen Rassismus, gegen Hass und Gewalt.

Und dann stellen sich diese „besorgten Bürger“ hin und jammern rum, ihre Meinung würde vom linksgrünversifften Lügenmedienmainstream und dummen Gutmenschen unterdrückt, weil die es wagen ihnen zu widersprechen? Ernsthaft? Rund 200 rechtsterroristische Anschläge alleine in diesem Jahr und die „besorgten Bürger“ sind sich nicht zu blöde, immer wieder mal zu behaupten, dass das von Linksextremen inszenierte Anschläge sein sollen. Ist klar. Sicher ein Werk der Antifa GmbH.

Wer es wagt in einer Diskussion einfach nur die Tatsache festzustellen, dass z.B. auch einem mutmaßlich straffällig gewordenen Asylbewerber – so wie jedem anderen Menschen – ein faires, rechtsstaatliches Verfahren zusteht, der darf sich schon mal auf ein kleines bis mittleres Exkrementwindchen einstellen. Man sei ein Volksverräter, ein Judenarschlecker und sonst was und Asylbewerber müsse man alleine schon beim Hauch eines Verdachtes einer Straftat sofort wieder abschieben oder gleich erschiessen. Geht es eigentlich noch? Selbst wenn ein Kind verschwindet, können sich diese „anständigen Deutschen“ nicht zurückhalten mit ihrer Hetze.

Viele Menschen – und das macht mir Mut – überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, der gefühlten Übermacht dieser rechten Hetzer in den sozialen Medien etwas entgegenzusetzen. Es ist alles nicht ganz einfach, selbst eine Anzeige wegen Volksverhetzung zu stellen wird einem oft genug unnötig schwer gemacht. Man müsste den geforderten „Aufstand der Anständigen“ organisieren.

Aber was ganz ohne Organisation jeder tun kann: Hört auf die Fresse zu halten! Lasst Euch nicht einschüchtern von den Drohungen! Es kann nicht sein, dass die damit durchkommen, sich einbilden für eine schweigende Mehrheit zu sprechen und sich gleichzeitig noch zu Opfern machen, denen das Recht auf freie Meinungsäußerung verwehrt würde. Nein, die Mehrheit in diesem Land ist ganz sicher nicht fremdenfeindlich. Die Mehrheit in diesem Land hat keine rechtsextremen Tendenzen. Aber die Mehrheit ist einfach zu leise, die Mehrheit schweigt viel zu oft.

Also hört auf zu Schweigen, widersprecht den „besorgten Bürgern“ wo immer Ihr sie antrefft. Bietet Ihnen keine Plattform mehr im Namen der Meinunsgfreiheit. Wo immer Ihr die möglichkeit habt, in Euren Blogs, Foren, Facebook-Profilen und -Seiten, unterbindet dort die rechte Hetze. Meinungsfreiheit ist wichtig, keine Frage, aber sie hat Grenzen. Für die Plattformen, auf denen ich das zu entscheiden habe gilt: rechtsextreme und ausländerfeindliche Parolen werden ohne Warnung gelöscht, der Urheber wird gelöscht bzw. geblockt. Wer rechtsextreme Propaganda-Lügen verbreitet, dem ergeht es genau so. Das Verbreiten von rechtsxtremer Kackscheiße hat nichts mit dem Äußern einer Meinung zu tun! Man kann Meinungen äußern, ohne fremdenfeindliche Sprüche, ohne Angriffe auf Menschen usw. Bislang habe ich in einigen Fällen noch widersprochen, versucht Fakten gegen die Lügen zu stellen, aber es bringt nichts mit solchen Gestalten zu diskutieren. Die interessieren sich einen Scheißdreck für Fakten, so wie sie sich einen Scheißdreck für echte Meinungsfreiheit interessieren. Die interessieren sich immer nur dann für die Meinungsfreiheit, wenn sie sie als Vehikel benutzen wollen, ihre menschenverachtenden Ansichten zu verbreiten.

Und nennt diese Hetzer nicht mehr Asylkritiker, Islamkritiker oder besorgte Bürger, denn das sind sie nicht. Es sind fremdenfeindliche, rassistische, nationalistische, menschenverachtende und widerliche Hetzer. Nichts anderes. Wenn wir sie als besorgte Bürger oder Irgendwaskritiker bezeichnen, dann verharmlosen wir damit diese Hetzer und die Gefahr, die sie für die Sicherheit in unserem Land darstellen.

Drei Dinge sind zu tun:

  1. Nicht verharmlosen: Ein rechter Hetzer ist ein rechter Hetzer und kein besorgter Bürger!
  2. Plattformen entziehen: Wo immer wir die Kontrolle haben, dürfen wir nicht mehr zulassen, dass sich diese rechten Hetzer tummeln und ihre Parolen ablassen.
  3. Widersprechen: Wo wir ihre Hetze nicht verhindern können, da müssen wir klar, deutlich und ohne Angst widersprechen. Immer!

Beitragsfoto: hanns.a.schwetz, Lizenz: CC-BY-SA 2.0

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